Tantra Massage - was ist das?

Ein Artikel von KAMALA Mara

„Es möge Heilung geschehen …“

Wunderschöne Blumen

Tantra Massagen sind ein Weg aus den irdischen Verstrickungen: Leid, Vorwürfe, Angst, Schuld, Streit, Einsamkeit und Schmerz – das sind große Kümmernisse des Lebens – aber anstatt ihnen Eure Zeit zu widmen, springt hinein in heilsame, erfüllende Erfahrungen.

Eine Tantra Massage zu geben ist ein Dienst an einem anderen Menschen.

Und wenn ich die rechte innere Haltung habe, so ist es ein Geschenk für beide. Ein Körper blüht einfach auf, wenn er liebevoll berührt wird. Und die darin wohnende Seele blüht ebenfalls auf. Mit jeder Berührung gießen wir die Blume unseres Seins.

Neue Ganzheit

Bei einer Tantra Massage berühren wir den ganzen Körper, nichts wird ausgespart.

Wir Menschen haben oft ein gestörtes Körperempfinden, allein dadurch, dass unsere Geschlechtsteile immer verhüllt sind. Stell Dir vor, Du würdest immer Handschuhe tragen, immer! Das gäbe eine ganz andere Empfindung an den Händen. Viele Menschen schlafen ja bekleidet, sie sind eigentlich nie – vor allem nie sichtbar – nackt. Dadurch leugnen wir vor uns selbst die Existenz unseres Geschlechts. Wir sind wie amputiert. Bei jeder normalen Massage wird ein Bogen gemacht um Brüste und Sexzentrum. Da wir dort nie berührt werden kann ein Gefühl von Abgelehnt-Werden entstehen. Diesen Teil meines Körpers will der Andere nicht berühren. Der Energiefluss stockt, diese Bereiche verhärten sich.

Und leider assoziieren wir Nacktheit mit Sexualität. Wenn wir uns ausziehen befürchten wir, dass es sexuell wird.

Absichtslosigkeit

Bei der Tantra Massage ist ein Gebot die Absichtslosigkeit. Dadurch kann der Empfangende ohne Angst forschen, was die Berührung in ihm auslöst.

Wenn die Sexzentren berührt werden findet keine gezielte sexuelle Stimulation statt.

Die einfache Präsenz, die Anwesenheit, das Halten, das Stillhalten, geben dem Körper neue Signale. Das ermöglicht, dass ich mich öffnen kann, dass ich empfangen kann. Viele Menschen haben das noch nie erlebt, dass sie absichtslos berührt werden! Doch nun kann der Körper alte gespeicherte Informationen, alte Verhärtungen, loslassen. Und damit einer neuen Weichheit und Empfindsamkeit Platz machen. Dass ein Anderer für mich da ist, nur für mich, das ermöglicht es mir, tief nach innen zu lauschen, nach innen zu fallen und zu mir selbst zu reisen.

Für Menschen, die es schwer haben, sich für die Sexualität zu öffnen, sind Tantra Massagen eine Einladung, noch einmal ganz von vorne zu beginnen. Denn für Herz- und Sexzentrum, in denen oftmals unsere Verletzungen gespeichert sind, ist es wichtig zu heilen. Und dies geschieht durch die Absichtslosigkeit des Anderen, der nichts von mir will, der nur für mich da ist und der mich hält.

Heilung

„Es möge Heilung geschehen“ - es gibt ein Lied mit diesen Worten.

Damit das geschehen möge betten wir die tantrische Massage in ein Ritual, eine gemeinsame Einstimmung, ein. Damit Heilung für beide geschehe.

1) Eine kleine Meditation zu Anfang hilft uns, innerlich frei zu werden. So kann Raum entstehen für etwas "Größeres", aus dem allein Heilung strömen kann.

2) Durch den tantrischen Gruß, das „Namasté - Ich grüße und ehre das Göttliche in dir!" wird der tiefe, in allen Menschen verborgene leuchtende Kern angesprochen. Wenn wir uns gegenseitig verneigen, so verbinden sich zwei Lichtlein miteinander und ihre Leuchtkraft wird verstärkt.

3) Wir verbinden uns beim „Einladen der Kräfte“ mit etwas Größerem. Das können Eigenschaften wie Achtsamkeit, Präsenz, Hingabe, Mut, Offenheit, Spaß, Leichtigkeit sein. Aber auch spirituelle Lehrer oder Dein Engel, wenn Du religiös bist.  Durch die bewusste Anbindung an die innere Quelle wird eine Tantra Massage aus dem Alltag herausgehoben, sie wird zu etwas Besonderem. Die von unserem Verstand auferlegten Grenzen, was sein darf und was nicht, werden weggewischt.

So geschieht manchmal das Wunder einer Begegnung, die uns sprachlos staunen lässt.

Tempel der Seele

Den Raum für eine Tantra Massage bereiten wir vor und verwandeln ihn mit Tüchern, Düften, Musik und Kerzen in einen Liebestempel. Ein Tempel ist nichts an sich. Zum "Gotteshaus" wird er durch den Altar in seinem Inneren. Dieser Altar ist die heilige Stätte. Wir sehen unseren Körper als „Tempel der Seele“, sie ist das Wichtigste in uns. Die Seele ist unser Schatz, unser Altar.

Ich verwende Begriffe wie Tempel und Altar – Tantra ist keine Religion, doch es ist spirituell.

Tantra verbindet Spiritualität und Sexualität.

Ursprüngliche Nacktheit

Miteinander nackt sein und einander gegenseitig liebevoll zu berühren, ist vielen Menschen fremd. Die meisten Religionen haben Sexualität und Spiritualität strikt voneinander getrennt und den freien Ausdruck der Sexualität beschnitten. Dadurch kleben Scham, Schuldgefühle und Ängste an der körperlichen Lust. Im Schlafzimmer wird zum Sex das Licht ausgeknipst oder Frauen vermeiden ‚unvorteilhafte‘ Stellungen. Sie fühlen sich minderwertig, weil dem perfekten Aussehen des Körpers eine vorrangige Bedeutung gegeben wird. Der Körper ist aber nur der Rahmen eines Bildes. Dieser dient dazu, das darin enthaltene Gemälde einzufassen. Mehr nicht. Wollt Ihr dem Rahmen eines Bildes mehr Bedeutung gegeben als dem Inhalt?

Tantra Massagen tragen dazu bei, den Körper, so wie er ist, anzunehmen und zu lernen, sich damit zu zeigen. Es können sogar abgespaltene Körperempfindungen wieder entdeckt und wieder integriert werden. Mit jeder Massage kommt somit ein Stück Natürlichkeit, und damit auch natürliche Nacktheit, zurück.

Dem Verstand entrinnen

Jede spirituelle Praxis hat die Befreiung aus der Knechtschaft des Verstandes zum Ziel.

Der Verstand ist unentwegt mit vergangenen und zukünftigen Dingen beschäftigt. Er versucht, die Gegenwart zu vermeiden. Die Gegenwart ist jedoch der einzige Ort, an dem wirkliche Erfüllung möglich ist.

Tantra nutzt den Körper, um in der Gegenwart zu bleiben. Für viele Menschen ist es sehr schwierig, ihren permanenten Gedankenschleifen zu entkommen. Und dann ist es auch schwer, Erfüllung in der Sexualität zu finden.

Auf der Reise nach innen ist der äußere Körper die erste Station. Er ist unsere Schatzkiste, auf der wir schon immer sitzen und dessen Geheimnisse viele Menschen gar nicht erahnen. Wenn Eckhart Tolle, einer der größten spirituellen Lehrer unserer Zeit, uns darauf hinweist, die Schatzkiste zu öffnen, so will er uns den Weg nach innen weisen: Den Weg in den Körper hinein und von dort über ihn hinaus.

Der Körper braucht viel Zeit und Langsamkeit für das Spüren. Eine Tantra Massage dauert 1 bis 2 Stunden. Dann geschieht Bewusstseinserweiterung. Nicht durch Meditation im stillen Kämmerlein, sondern in der lebendigen, "handfesten" Begegnung.

Gelingt es, dem Verstand zu entrinnen und "in den Körper zu kommen", so wird das Fühlen des Körpers zur so genannten "inneren Stimme". Wie ein Musikinstrument wird unser Körper gestimmt. Ihm und seinen Signalen zu vertrauen, bringt den Menschen wieder "zu sich". Anstatt sich im Außen zu verlieren, in den Gedanken, dem ‚mind-fuck‘, den Bewertungen, der Kritik usw. wird das Bewohnen des eigenen Körpers zu einem festen Lebensfundament.

Kommunikation

Bei der Tantra Massage ist die Kommunikation über den Körper, die Stimme und den Atem wesentlich.

Ich nenne es das ABS-System

* A wie Atem

* B wie Bewegung

* S wie Stimme

A wie Atem: Durch sanften, tiefen Atem bleibe ich präsent, anwesend in meinem Körper und ich spüre mehr und kann die Berührungen innerlich erlebend erforschen. Dadurch kann ich den endlosen Gedankenschleifen des überaktiven Verstandes entrinnen, der mich immer wieder aus dem Hier und Jetzt fortreißen möchte. Durch gemeinsames Atmen halte ich die Verbindung zum anderen.

B wie Bewegung: Der Empfangende darf sich räkeln, drehen, strecken – die Körpersignale sagen mir als Gebendem, ob meine Berührung ankommt. Und ich schwimme oder schwinge mit wie bei einem Tanz.

S wie Stimme: Die Stimme ist wichtig, es darf geschnurrt, gegurrt, gestöhnt werden und natürlich ist auch fragen wichtig: „Ist die Berührung fest / schnell / zart... genug?“ – und eine ehrliche Antwort ist hilfreich. Das Gefragt Werden hilft mir auch, die Berührung zu erforschen.

Geben und Nehmen

Tantra Massagen sind eine Möglichkeit Yin und Yang, das aktive und passive Lebenselement, das Geben und das Nehmen, in mir zu erforschen und ins Gleichgewicht zu bringen. Im Geben wird gelernt, die eigenen Impulse zurückzustellen und sich ganz dem Dienst an der empfangenden Person hinzugeben. Das bedeutet, keine Absicht nach Nähe oder Sexualität zu verfolgen!

Die klare Struktur des Tantra Rituals und der vorgegebene Ablauf werden strikt eingehalten.

Berührungen sind nicht da, um etwas für mich "haben" zu wollen oder für mich etwas zu "bekommen".

Diese Haltung von reinem Dasein für einen anderen Menschen ist ein Akt von Hingabe. Besonders in nährenden Berührungen, die nur halten und zeigen „Ich bin für dich da!“ ist das zu spüren. Ein „erwachsenes Herz“ will geben und sich verschenken.

Das „Habenwollen“, besonders wenn es mit Fordern verknüpft ist, weist oftmals auf Erfahrungen des Mangels in der eigenen Lebensgeschichte hin. Ein alter Mangel lebt noch weiter und wird unbewusst festgehalten.

Zu einer ausgewogenen Beziehung – ob in einer Partnerschaft oder bei einer zufälligen Begegnung – gehören Geben und Nehmen gleichermaßen. Nur wer auch „nimmt“ und nehmen kann, ist vollständig.

Die Fähigkeit, zu empfangen, ist bei vielen Menschen unterentwickelt. Manche halten es kaum aus, still zu liegen und nichts zu tun. Umso nötiger ist es, das zu lernen. Tiefe Empfänglichkeit bedeutet, auch das Herz und tiefere Seins-Schichten zu öffnen, etwas zuzulassen.  Letztendlich wird immer Liebe empfangen, sei es durch Worte, Blicke oder Massageberührungen.

Das innere Strömen

Im Laufe der Praxis der Tantra Massagen entwickelt sich eine sehr feine Körperwahrnehmung. Die Energieströme innerhalb des Körpers können gespürt werden. Der innere Körper erwacht. Manche Menschen nehmen diese Ströme als Wärme wahr, andere eher wie ein Prickeln oder wie innere Elektrizität.

Tiefe Glücksgefühle und ein Verweilen am Rande der Ewigkeit sind manchmal die Frucht einer Tantra Massage. Und manches Mal hält dieses Gefühl tagelang an ….

Nach der Massage sind beide in der Regel weicher im Fühlen, präsenter im Körper, sensibler, offener und gemeinsam tiefer verbunden.  Bitte geht deshalb sehr achtsam miteinander um. 

Namasté - ich grüße und ehre das Größere in Dir